11. Etappe: Mathon - Neue Heilbronner Hütte - Gauertalhaus - Mannheimer Hütte - Feldkirch

Die letzte Etappe will ich unbedingt noch heuer unterbringen. Nach dem Familienurlaub ist es inzwischen Anfang September geworden. Doch der Wettergott meint es gut mit mir. Ein mächtiges Hoch kündigt sich an und die Wetterprognosen überschlagen sich mit Sonnensymbolen und warmen Temperaturen.

Um den ausgebuchten Hütten zu entkommen, entschließe ich mich den Mittwoch als Anreise-/Aufstiegstag und Donnerstag bis Samstag als Wandertage zu nutzen, um die verbleibende Strecke zu absolvieren. Laut Reservierungsportal der Lindauer Hütte geht dort eh nur mehr Donnerstag auf Freitag. Also einen der letzten Plätze dort reserviert und die beiden verbleibenden Hütten (Heilbronner und Pfälzer Hütte) angeschrieben.

Einen Tag später kommt die Zusage von der Heilbronner. Fehlt nur mehr die letzte Hütte am Weg. Kurz nach Mittag rufe ich dort an. Beim 2. Versuch wird schließlich abgehoben und mir wird kurz und bündig erklärt: Alles voll. Ein Versuch meinerseits mit: Nur eine Person, Weitwanderer, Notlager oder Winterraum führt zur selben kurzen Antwort: Nein, alles voll.

Etwas frustriert verabschiede ich mich. Jetzt muss ein Plan B her. Eine Option wäre das Berggasthaus Sücka und dafür statt Leibersteig & Spusagang übers Schafloch, um den 2. Tag nicht zu intensiv ausfallen zu lassen. Im Internet ausgebucht, am Telefon niemand erreichbar. Ich überlege schon kurz, ob ich die letzte Nacht als Biwak einplanen soll, aber so ohne Abendessen und Frühstück würde es mir den letzten Tag sicher vermiesen und das Marschgepäck erhöhen.

Die Option mit dem Schafloch lässt die Mannheimer Hütte für die letzte Übernachtung als mögliche Alternative zu. Damit ist der letzte Tag zwar etwas intensiver als gewünscht und mit 39 km auch recht lange. Egal - eine bessere Idee habe ich nicht. Also dort angerufen und sofort eine Unterkunft zugesagt bekommen. Super.

Somit schrumpft der 2 Tag aber deutlich, was mich zu einer weiteren Abänderung führt. Ich könnte die volle Lindauer Hütte durch das kleinere Gauertalhaus bei Daniel und Andrea ersetzen. Auch hier bekomme ich eine Zusage und ich storniere, trotz anfallender Gebühr, meine Reservierung auf der Lindauer Hütte.

Jetzt bin ich mit der Etappeneinteilung wieder zufrieden und die Vorfreude steigt.


Mittwoch, 6. September 2023: Aufstieg


DSCN6523.JPG DSCN6538.JPG DSCN6545.JPG

Mittwoch, 6. September 2023: Aufstieg


Um noch rechtzeitig die Heilbronner Hütte zu erreichen, muss ich schon um halb neun am Hauptbahnhof in den Railjet einsteigen. Leider haben wir in Landeck schon 10 Minuten Verspätung, so passiert es, dass ich den Bus ins Patznauntal nur noch von hinten sehe.

Da aber in einer halben Stunde schon der nächste Bus kommt ist das Ganze nicht sonderlich tragisch. So erreiche ich um kurz nach 14 Uhr Mathon West und kann mit dem Aufstieg beginnen.

Trotz der Höhe von 1400m ist es noch sehr warm. Auch der Anfang des Weges ist in der Sonne. Erst als ich in den Wald komme wird es besser. Der Weg zieht sich immer wieder die Versorgungsstraße kreuzend steil nach oben. Mit Erreichen der Waldgrenze ist es aber auch schon wieder vorbei mit dem Schatten. Trotzdem erreiche ich die Friedrichshafener Hütte nach nur einer Stunde.

Kurz den Hüttenstempel abgeholt. Eigentlich wollte ich noch schnell was trinken, aber die Bedienung hat gerade viel zu tun, so dass ich wieder den Rucksack schultere und weitergehen.

Kurz nach der Hütte erreiche ich einen Wegweiser und erschrecke kurz über die angegebene Wegzeit. Angeblich noch 4½ Stunden bis zur Heilbronner. Hatte eigentlich mit weniger gerechnet. Als ich nach 10 Minuten kurz auf das Navi schaue, bleibe ich verwundert stehen. Kein Track mehr sichtbar. Was jetzt? Auf dem Schild stand die Hütte doch angeschrieben.

Also bin ich den Weg wieder zurück zur Abzweigung gegangen. Und was steht auf der anderen Seite? Heilbronner Hütte 3 Stunden. Wer schlampig schaut und das kleingedruckte ignoriert ...

Die angeschriebenen 3 Stunden passen schon eher in meine Zeitplanung und auch zur vor mir liegenden Geländeform. Das Flachstück ist jetzt wirklich flach und nach der Brücke kommt der Anstieg ins Muttenjoch. Oben habe ich einen tollen Ausblick und der Abstieg ins Ochsental wartet mit einem recht schiefen Querweg und teils recht steilen Wegabschnitten auf. Auf halber Strecke zur Rosanna kommt mir jemand sein E-Bike hinaufschiebt entgegen. Ich denke mir nur kurz - viel Spaß beim runterschieben.

Nach der Rosanna Überquerung geht es noch ein Stück leicht ansteigend unter dem Jöchligrat vorbei und schon bald erreiche ich die Neue Heilbronner Hütte.

Als erstes werden die Formalitäten erledigt. Beim Weg ins Lager frage ich die junge Dame vom Personal (ich bin ja mit Sonderauftrag unterwegs), ob sie sich an Rolli erinnern kann, der vor ca. 1 Monat hier war. Ich soll ihr unbedingt schöne Grüße ausrichten. Sie grübelt kurz und ich lege noch ein paar Informationen nach: Bart & Strickmütze. Sie sofort: Ah - der Verrückte. Ich darauf: Könnte schon hinkommen.

Sie bedankt sich für die überbrachten Grüße und zeigt mir mein Lagerplatz. Jetzt ist duschen angesagt. In der Dusche ist noch jemand und beim anschließenden Klamottenauswaschen entwickelt sich ein kurzes Gespräch. Als ich E5 und Piller erwähne, fragt er mich, wo ich in Piller übernachtet habe. Als ich den Gasthof Sonne erwähne erwidert er: Ach so, beim Bernhard. Wie klein doch die Welt ist.

Frisch gewaschen genieße ich auf der Terrasse in der Abendsonne sitzend, meinen Radler. Auch hier richte ich der Bedienung den Gruß von Rolli aus. Auch sie freut sich darüber und kann sich gut an ihn erinnern. Die Abendessenszeit ist hier etwas variabler und ich sitze selbst, nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwindet, noch länger draußen.

Drinnen setze ich mich an einen Tisch mit zwei anderen Wanderern, die heute von der Wormser Hütte hergewandert sind. Es sind Helmut und Frank und je später der Abend umso lustiger und unterhaltsamer wird es mit ihnen. Wir haben es echt lustig und zu guter Letzt ladet uns Helmut noch auf eine Runde Schnaps ein. Danke dafür - aber für deine Altersschätzung meiner Person hätte ich gerne den Schnaps spendiert ;-)

Auf der Heilbronner Hütte sind bis auf uns 3 um 10 vor 10 alle verschwunden. Hüttenruhe ist hier aber erst um 11 Uhr. Als wir dann die Rechnung beglichen haben und uns verabschieden, kommt noch jemand herein und sagt: Hallo ich bin Olivia, die Hüttenwirtin.

Auch hier meinem Auftrag folgend, die lieben Grüße von Rolli überbracht. Sie kann es kaum glauben und möchte, dass ich ihr die WhatsApp von Rolli vorlese. Sie beginnt zu Lachen und zitiert die beiden anderen Damen dazu, damit ich die Nachricht nochmals vorlese (Rolli hat die beiden Damen nur mit äußerlichen Attributen beschrieben). Eine ist mit der Beschreibung nicht so einverstanden, die anderen Beiden finden es sehr amüsant. So kommt es, dass wir verbleibenden vier in der Küche noch ein Glas Rotwein trinken und auch ein Selfie für Rolli machen.

Später kommt auch noch die Jungmannschaft dazu und es endet damit, dass ich von der Jugend noch ein Kartenspiel Arschloch beigebracht bekomme. Als dann einer nicht mehr will, muss ich sogar aktiv mitspielen. Nicht verwunderlich, dass ich als Anfänger öfters der Verlierer bin.

Um 1:15 aber verabschiede ich mich und gehe endlich schlafen. Morgen ist ja ein langer Tag.


Donnerstag, 7. September 2023: Tag 1


DSCN6550.JPG DSCN6559.JPG DSCN6584.JPG DSCN6592.JPG DSCN6620.JPG DSCN6664.JPG

Donnerstag, 7. September 2023: Tag 1


Frühstück gibt es ab 6:30. Nachdem ich 15 Minuten später dran bin, es hier kein Buffet gibt, sondern die Sachen einzeln gebracht werden, treffe ich um 7 Uhr nochmals Helmut und Frank. Los komme ich erst um 7:15. Es ist ein herrlicher wolkenloser Morgen und das Wasser der Scheidseen ist spiegelglatt.

Eine Wanderin ist schon früher gestartet und ich überhole sie beim Verbellner Winderjöchli. Ab dann bin ich für viele Stunden allein unterwegs. Der Wormser Höhenweg geht zuerst ins Valschavieljöchle, vorbei an kleinen Seen und einzelnen Hütten, dann zum Grat, immer ausschauhaltend nach den Kalkbergen des Rätikons. Außer einer weißen Fläche die so gar nicht zu den bekannten Bergformen passt, kommt mir in Wegrichtung gar nichts bekannt vor. Wenn man schräg nach hinten blickt, erkennt ich zumindest den Piz Buin und die Fluchthörner.

Erst als ich den Südwestgrat des Schärmsteeberg erreiche, stehen sie alle Berge aufgereiht da: Sulzfluh, Drei Türme, Drusenfluh, Schesaplana und auch das Montafoner Matterhorn die Zimba.

Beim Roßbergjoch treffe ich auf die ersten Wanderer aus der entgegengesetzten Richtung. Über die gut besuchte Furkla oder Grasjoch mit der mächtigen Liftstation geht es sehr warm und baumlos hoch zum Kreuzjoch. Am Gipfel ist so viel los, dass ich gleich weitergehe.

Auch die Wormser Hütte kann sich über Besucher nicht beklagen und so mache ich mich auf den langen Abstieg nach Schruns. Der Weg vom Sennigrat geht recht breit aber durch die Lawinenverbauungen etwas unästhetisch zur Hochjoch Bergstation. Da die Mittagsonne unbarmherzig scheint gibt es auf der Kapellalpe einen kurzen Trinkstop. Vom restlichen Weg bis Schruns erwarte ich mir nicht viel. Wahrscheinlich viel Asphalt.

Aber das Gegenteil ist der Fall. Der Weg entpuppt sich als recht schöner Wanderweg. Erst gegen Schluss kommen ein paar Teerabschnitte dazu. Als ich vom Gstüdweg scharf links abbiegen will, versperrt ein hoher Elektrozaun den Weg. Nachdem ich ihn überwunden habe (und kurz danach ein zweites Mal) sehe ich weiter unten, dass der Wanderweg von rechts einmündet. Mein Tipp: Am Gstüdweg 50m weitergehen und dann links!

Schon während dem Abstieg sehe ich immer wieder hinüber nach Tschagguns. Um mich zu motivieren, vereinbare ich mit mir beim dortigen Spar eine kurze Pause einzulegen und eine Cola und ein Eis zu kaufen.

Dort angekommen muss ich feststellen: Die Eis-Truhe ist fast leer, so gab es nur eine Cola und einen gespritzten Apfelsaft. Zusammen mit dem Unterwegsbrötchen genieße ich die kurze Pause auf der schattigen Bank.

Der nun anstehende Anstieg entlang des Rasafeibachs kenne ich gut. Außerdem freue ich mich auf den Schatten und die Kühle des Schluchtweges. Als ich den Gafazutweg bei Latschau erreiche, überlege ich kurz ob ich bei Daniela und Markus in der Montabella vorbeizuschauen soll. Da ich fürchte der Aufenthalt würde wahrscheinlich länger gehen entschließe ich mich doch gleich weiterzugehen. Schnell erreiche ich den Vollsporaweg, überquere bei der Rasfeibrücke den ordentlich wasserführenden Fluss und erreiche gleich darauf mein Tagesziel: Das Gauertalhaus.

Sogar Daniel selbst ist hier und so findet der längere Wandertag einen netten und entspannten Übergang in den Erholungsteil. Auch an der Hütte wurden einige Sachen erneuert, seit ich das letzte Mal hier war. Da wir nur zu zweit heute hier übernachten, bekomme ich ein Zimmer für mich. Daniel meint auch, da wir nur zu zweit sind, können wir uns, was fürs Abendessen aussuchen. Wir einigen uns trotzdem auf ein Gericht: Käsespätzle.

Dass die Küche sehr gut ist, weiß ich schon von früher. Später sitzen wir mit Daniel und einem weiteren Bekannten von Daniel zusammen und bekommen, mit einer Montafonerin, die gerade in ihrem Maisäß den Urlaub verbringt, weiteren Zuwachs.

Als die Sonne schon hinter den Bergen verschwunden ist kommt auch noch der Jäger mit drei Wanderinnen, die er mit dem Auto beim Hinausfahren mitgenommen hat, vorbei. Wie nicht anders zu erwarten war, schlussendlich sitzen alle acht fröhlich und schwatzend in der Hütte beim Stammtisch. Daniel offeriert zum Wein auch noch ausgezeichneten Käse und so ist es nicht verwunderlich, dass um 10:00 noch keine Hüttenruhe einkehrt.

Aber dann ist es doch für alle langsam Zeit und die drei Wanderinnen werden abgeholt, der Jäger fährt mit seinem Auto nach Hause und die letzte verbleibende Besucherin wird von Daniel nach Hause gebracht. Zurück bleiben die Hausgäste und die Sommeraushilfe, die das Ganze aber nur aus dem Hintergrund beobachtet hat.

Wer die letzten Absätze gelesen hat, wird unschwer erkennen, dass ich ein hervorragendes Namengedächtnis habe.


Freitag, 8. September 2023: Tag 2


DSCN6695.JPG DSCN6745.JPG DSCN6750.JPG DSCN6759.JPG DSCN6779.JPG DSCN6799.JPG

Freitag, 8. September 2023: Tag 2


Das Frühstücksbuffet ist 'best ever'. Viele heimische und selbstgemachte Speisen sind aufgetischt. Echter Montafoner Sura-Käs - da muss ich einfach zugreifen. Trotzdem muss ich einiges auslassen, darf mir aber natürlich ein Brot für unterwegs einpacken.

Um 8 Uhr starte ich los. Auf dem Sommerweg geht es taleinwärts. Interessant wäre es zu wissen, wie oft ich den schon reingewandert bin. Trotzdem vom Anblick der Sulzfluh und der Drei Türme bin ich immer wieder fasziniert, wie sie in der Morgensonne mächtig und herrlich hellgrau dastehen. Die Abfolge der Abschnitte über die Untere Latschätzalpe und Unteren Sporaalpe gehen, laut Kinder, so: Rennland, Wasserland, Kuhland, Murmeltierland und Ameisenland.

Schon bin ich auf der Lindauer Hütte, beim Zusammenschluss 02A und 02er Hauptweg. Es ist gerade die Zeit, wo die Wirtsleute ihre Ruhezeit haben. Die Hausgäste sind schon weg und die Neuen bzw. Tagesgäste noch unterwegs. Ich trinke ein Schiwasser und sogar einen Originalstempel gibt es hier. Den ersten seit der Pinzgauer Hütte.

Das sich der Weiterweg zum Öfapass zieht war für mich auch nichts Neues. Einige Wanderer sind unterwegs. Kurzer Abstieg und Gegenanstieg zum Verajoch. Schön mit einigen großartigen Auswaschungen geht es hinter den Kirchlispitzen vorbei. Ich muss immer wieder an längst vergangenen Klettertouren auf der Südseite denken. Es ist schon faszinierend, wie sehr sich die Südansicht von der Nordansicht unterscheidet.

Bei der zweiten Zollhütte taucht der Lünersee auf. Auf der Ostseite geht es mit einem kleinen Anstieg auf dem breitem Seeumrundungsweg und vielen Ausflüglern bis zur Staumauer und der Douglashütte. Es ist um die Mittagszeit und dementsprechend herrscht Hochbetrieb in der Hütte. Daher werde ich erst auf der Totalphütte was trinken. Zuerst geht es weiter entlang der Seepromenade.

Kurz nach der Halbinsel beginnt der eigentliche Aufstieg. Der präsentiert sich mit grobem Schotter, steil und in der prallen Sonne. Wasser gibt es hier keines und so erreiche ich die volle Totalphütte etwas durstig. Ich gehe rein und bestelle gleich zwei Schiwasser und trinke sie gleich drinnen. Wenigstens kurz keine Sonne.

Glücklicherweise gibt es aber ab nun zwischendurch ein paar Wolken, so komme ich gut voran, aber der Weg ist sehr frequentiert, vor allem mit Leuten im Abstieg. Der Weg oben ist aber nicht immer ganz eindeutig und so kann man meist recht elegant ausweichen bzw. überholen. So auch im verseilten Querband, wo man rechts bequem ausweichen kann.

Als ich die Schulter erreiche, befinde ich mich gerade in einer Wolke und so mache ich den Abstecher zum Gipfel der Schesaplana mehr ehrenhalber. Wieder bei der Schulter geht der Weg zuerst abschüssig bis zur Abzweigung zur Schesaplana Hütte (genialer Weg im Aufstieg), später sehr abwechslungsreich in Richtung Schafsköpfe. Eigentlich war ich der Meinung es sollte bald rechts runter gehen, aber es dauert schon einige Zeit, bis die bezeichnete Abzweigung kommt.

Der Brandner Gletscher selbst ist inzwischen so weit abgeschmolzen, dass es recht weit zu seinen Resten runtergeht. Der Teil ist jetzt richtig bockig. Spuren sieht man selten und man sucht ständig die Markierungsstangen. Ein kurzer Abschnitt ist sogar mit einem Stück Seil versehen, ein anderes muss ich leicht abklettern. Irgendwann stehe ich aber auf dem Eis und folge den Stangen auf die gegenüberliegende Seite. Unschwierig aber eben mit Trailschuhen etwas rutschig erreiche ich die andere Seite. Der Weg wieder hoch ist ebenfalls bockig, nicht immer eindeutig, aber doch einfacher als drüben runter und so erreiche ich um 3 Uhr nachmittags schon mein Tagesziel, die Mannheimer Hütte.

Gleich nachdem ich den Rucksack abgesetzt habe, komme ich mit einem Montafoner ins Gespräch. Schnell aber wird der innere Drang nach etwas Flüssigem zu groß und wir gehen rein, um uns anzumelden und gleich auch was zu bestellen. Bei der Anmeldung bekommen wir einige Informationen bezüglich des Wassermangels und der Bitte um saubere Verwendung der Trockentoilette. Alle Drei (auch der einzelne Michael vor mir) bekommen ein Einzelzimmer. Welcher Luxus. Da stört es auch nicht, wenn man sich nur waschen kann. Auf der Veranda draußen genießen ich und der Montafoner die Aussicht und den Radler.

Die Hütte selbst ist richtig urig und so wie man sich klassisch eine hochgelegene Berghütte vorstellt. Viel Holz und dementsprechend hellhörig ist es. Mich stört das nicht. Etwas Körperpflege, die Sachen wechseln, das Unterwegsbrötchen verspeisen, die Füße hochlegen und etwas vor mich hindösen. Herrlich wenn man alles herumliegen lassen kann und in Ruhe seine Sachen aufladen kann.

Pünktlich zum Abendessen treffen sich die drei Herren wieder in der Gaststube. Das Abendessen schmeckt uns allen sehr gut. Dank eines ordentlichen Nachschlags sind wir dann auch richtig satt und plaudern noch bis kurz vor zehn. Beide sind übers Schafloch gekommen, wo ich morgen weitergehe.

Etwas irritiert bin ich über die angeschrieben Wegzeit von 5 Stunden zur Pfälzer Hütte. Aufgrund des stark geschrumpften Gletschers sind fast alle Wegzeiten auf den Wegweisern bei der Hütte mittels schwarzen Stifts um ½ Stunde verlängert worden. Da ich mich mit Klaus zwischen Vorder- und Hinteralpe verabredet habe (Klaus wird mich die letzten Kilometer begleiten) versuche ich abzuschätzen, wann ich dort sein werde. Noch die kurze Mitteilung verfasst und mich dann schlafen gelegt.


Samstag, 9. September 2023: Tag 3


DSCN6824.JPG DSCN6828.JPG DSCN6849.JPG DSCN6863.JPG DSCN6879.JPG DSCN6923.JPG DSCN6942.JPG

Samstag, 9. September 2023: Tag 3


Hier gibt es Frühstück ab 7 Uhr. Wie meistens gehöre ich zu den Ersten, nicht nur, weil es heute ein sehr langer Tag werden wird. Das Wetter ist nach wie vor ein Traum. Ich mache einige Fotos und selbst aufgrund der Höhe ist es draußen nicht wirklich kalt. Als ich das Frühstück hole muss ich innerlich den Kopf schütteln, als jemand fragt, ob das alles ist und ob es nicht noch irgendwo mehr gibt. Dabei ist alles da. Wurst, Käse, Butter, Marmelade, Tee, Kaffee, Jogurt, Müsli und Brot. Alles in einfacher Ausführung aber vollkommen ausreichend und genug. Wo glauben die Leute eigentlich wo sie sind.

Meine Wasserversorgung heute macht mir etwas Sorgen. Daher beschließe ich auch die Trinkblase zu füllen. Das bekommt man nur direkt bei der Ausschank für ein kleines Entgelt.

Um halb acht gehts los. Von oben sieht man die Wegspuren besser als gestern beim Aufstieg. Trotzdem geht der Track am GPS schon früher nach rechts. Noch bevor ich den Gletscherrand erreiche (dort starten auch die Schneestangen für den Weg ins Schafloch) entscheide ich mich auf felsigem Untergrund rechterhand zu gehen. Weglos (nicht wirklich tragisch) geht es oberhalb gut voran. Dann aber beschließe ich trotzdem zum Gletscher abzusteigen und zu einem ausgeaperten Rücken zu queren. Kurz wieder übers Eis balanciert und über den Felsrücken Richtung Schafloch. Oben steht was von altem Weg zur Hütte gesperrt ...

Jetzt kommt ein Wegabschnitt, den ich schon immer mal gehen wollte und es fühlt sich hervorragend an. Wild und schmal zieht der Weg quer durch die Wand. Bestens abgesichert, nicht wirklich schwierig und meist abwärts habe ich das Gefühl durch die Wand zu fliegen. Dazu noch herrliche Aussicht, früh am Morgen, völlig einsam, letzter Tag - es passt einfach alles. Abrupt wechselt man von verseilt zu schräg und abschüssig. Zuerst geradeaus, später im Zick-Zack runter, dann wieder etwas mehr verseilt und steiler bis zum Salarueljoch oder auch Kleine Furka genannt. Dieser Abschnitt ist super.

Der Anstieg zum Hochjoch oder Großen Furka ist wieder auf einem breiten und gemütlichen Wanderweg und schnell vorbei. Ich glaube ich bin immer noch etwas aufgedreht. Kurz vor ich das Barthümeljoch passiere steht ein junger Steinbock vor mir. Selbst als ich die Kamera heraushole und ihm ein paar Schritte nähere bleibt er stehen. Aber dann ist es ihm doch etwas zu nahe und er springt elegant davon. Auch die ersten Wanderer treffe ich kurz Zeit später. Weiter gehts auf dem Lichtensteiner Höhenweg oberhalb des Nenzinger Himmels ins Bettlerjoch, wo auch die Pfälzer Hütte steht. Ich denke es war richtig den Weg durchs Schafloch nicht noch am späteren Nachmittag reinzupressen. So hat die Absage der Pfälzer Hütte doch etwas Positives bewirkt.

Da ich immer noch genug Wasser habe, lasse ich die Hütte aus und steige ins Naaftal ab. Mächtig thront der Naafkopf über das Tal. Oben auf der Versorgungsstraße hört man die Radfahrer plaudern. Bei der Valünerbachüberquerung gibt es endlich wieder frisches Wasser. Der Weg auf der linken Talseite zieht sich recht spannend und abwechslungsreich dem Bergrücken entlang und es geht eher aufwärts als abwärts. Von wegen leichte Forststraße. Aber die kommt schlussendlich doch und so geht es zügig abwärts bis zum Berggasthaus Sücka.

Unmittelbar danach wechselt man durch den kleinen, alten Tunnel auf die Rheintalseite und wandert dann im schattigen Wald bis Silum. Ich schreibe noch kurz Klaus, dass ich in der Zeit liege. Weiter gehts über Gaflei zum Beginn des Fürstensteigs. Dieser Steig wurde in die Westflanke das Alpspitz gesprengte und mit Seil und Geländer versicherte - eine willkommene Abwechslung. Beim Gafleisattel ist er allerdings schon wieder zu Ende. Auf der Ostseite des Bergrückens zwischen den Latschen steht die Luft. So zieht sich der Weg zur Gafleispitz und Kuehgrat etwas, beginnt aber schon wieder spannender zu werden.

Spätestens der Aufstieg auf den Garsellakopf mit seinen Stufen und Seilversicherungen entschädigt wieder genauso wie der Aufstieg auf die Drei Schwestern, der von Süden recht schnell erledigt ist. Meine Befürchtung wegen Überfüllung trifft nicht zu. Kurz bin ich am Hauptgipfel der Drei Schwestern sogar allein und ich halte kurz inne - der letzte Gipfel am Weg.

Der Abstieg ist dann schon wieder sehr spannend. Es ist schon fast 20 Jahre her, als ich das letzte Mal hier war. Übrigens mit Klaus, den ich heute noch treffen werde. Im Abstieg gibt es Leitern, sogar zwei, in meiner Erinnerung war es nur eine, Seile und die spezielle Verschneidung mit Rundholz Querstreben. Aber nicht allzu lange und das Felsentor kündigt vom Ende der Schwierigkeiten. Dann aber wird der Weg bis zum Sarojasattel plötzlich sehr rutschig. Echt komisch und im Abstieg, schon etwas müde, möchte ich so kurz vor Schluss nichts riskieren und passe deshalb besonders gut auf. Unten rufe ich kurz Klaus an. Seine Frau Manuela hebt ab. Da sie noch nicht losgegangen sind, verabreden wir uns auf der Feldkircher Hütte. Passt mir gut - Hunger und Durst habe ich schon.

Bis zur Sarojaalpe (für mich das Hinterälpele) ist der Weg noch schmal, dann wird er zur Fahrstraße. Kurz nach der Alpe überhole ich eine einzelne Wanderin. Als der Weg nach leichtem Anstieg wieder abwärts geht, beschließe ich etwas zu laufen. Schön im Wald, angenehmen Gefälle geht es km für km dahin. Dann höre ich hinter mir ein paar Geräusche. Klar Mountainbiker. Allerdings werde ich nicht überholt. Wieder höre ich was. Die Schotterstraße ist breit, warum überholt man mich nicht? Also bleibe ich stehen und sehe die Wanderin, die ich bei der Alpe überholt habe, ebenfalls laufen. Ich warte kurz und wie laufen den weiteren Weg bis zur Feldkircher Hütte gemeinsam. Ich muss schon sagen rüstige Dame. Wir habe uns noch sehr nett unterhalten und die Hütte war schneller erreicht als gedacht.

Somit erreiche ich die Feldkircher Hütte noch vor Manuela und Klaus. Ich stärke mich mit einem Suppentopf und einem Radler. Am Nebentisch sitzen zwei ältere Herren und schnell entwickelt sich auch hier eine nette Unterhaltung. Als Manuele und Klaus eintreffen habe ich schon gegessen. Es ist Zeit genug - daher gibts eine 2. Radler und noch einen großen Eiskaffee. Dann verabschieden wir uns. Manuele geht den Plattenweg wieder zum Auto, die beiden Herren trinken noch in Ruhe ihren Wein aus und Klaus und ich beginnen mit dem Abstieg nach Feldkirch über den Gaisweg.

Wie wahrscheinlich alle, suchen wir den Weg unterhalb der Hütte. Das ist aber eine Sackgasse und daher wieder zurück und oberhalb der Hütte eingestiegen. Durch den Wald geht es steil, aber nicht schwer nach Fellengatter. Weiter an der Letze vorbei bis zur Duxgasse. Hier steht auch ein Ortsschild von Feldkirch. Klaus macht noch ein Foto von mir und dem Ortsschild. Durch die Duxgasse, dem Reichenfeld und weiter über den Ganahlsteg über die Ill spaziere ich die letzten Meter zum Endstein.

Bin ich erleichtert, überglücklich, euphorisch, traurig? - Nein, ein erlebnisreiches Projekt ist zu Ende mit einer tollen Schlussetappe.

Zufrieden und stolz? - Ja, das bin ich schon.

Und jetzt? - Natürlich Schuhe ausziehen und ganz gemütlich ein Bier trinken oder auch Zwei.